ASK A POLITICIAN – Elvedin Goljica & Dominik De Marco
Wie der Sprung in die Politik gelingen kann!
Wie kann der Sprung in die Politik gelingen? Darüber sprachen wir mit zwei Experten: Elvedin Goljica war für Landes- und Bundespolitiker und in der Politikberatung tätig. Dominik De Marco hat für eine Bundestagsabgeordnete und Staatsministerin gearbeitet und ist derzeit Mitglied im Rat der Stadt Dortmund. Beide sind sich einig: Einen Musterweg gibt es nicht, jedoch sind Netzwerke und Engagement für den politischen Erfolg ausschlaggebend.
Politik beeinflusst unser Leben und unseren Alltag
„Grundsätzlich hat Politik immer Auswirkungen auf das eigene Leben. Das weiß ich selbst aus persönlicher Erfahrung“, stellte Goljica zu Beginn seines Inputs klar. Ein simples Beispiel: Die Voraussetzungen für eine (dauerhafte) Einwanderung sind zwar geregelt, jedoch können diese jederzeit gesetzlich geändert werden. Politik kann das Leben auch erleichtern, wie z. B. die Abschaffung der Studiengebühren zu Beginn seines Studiums. Aufgrund dieser und weiterer Erlebnisse hat ihn Politik immer interessiert – auch zuhause sprachen sie über Politik. Daher war es naheliegend, bereits im Alter von 17 Jahren Mitglied einer Partei zu werden und sich politisch zu engagieren. Für De Marco, der erst mit 23 Jahren Mitglied einer Partei wurde, gab es andere Beweggründe einzutreten. „Zunächst habe ich mich mit 17 Jahren in der Jugendkultur engagiert. Mir wurde nach meiner ersten Erfahrung mit dem Ehrenamt erst so richtig klar, welchen Mehrwert Engagement für die Gesellschaft, aber auch für seinen selbst bringt. Ich bin mittlerweile der Überzeugung, dass man erst so richtig frei sein kann, wenn man partizipieren kann und die Gelegenheit bekommt seine Umgebung zu formen.“ Wie das denn für die beiden so war, will eine Teilnehmerin wissen. „Natürlich war ich am Anfang sehr aufgeregt: Wie sind so die anderen Parteimitglieder so? Bei meiner ersten Sitzung traf ich auf viele alte Menschen. Erst als ich die Jugendorganisation der Partei kennenlernte, lernte ich viele Parteimitglieder in meinem Alter kennen“, sagt Goljica. „Es ist anfangs etwas schwierig, da man mit vielen Abkürzungen und einem besonderen und akademischen Jargon ausgesetzt wird – mit der Zeit wächst man da aber hinein. Wichtig ist, dass man sich mit Gleichaltrigen zum regelmäßigen Austausch trifft“, so De Marco.
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen!
„Worauf muss man Wert legen?“, will ein Teilnehmer wissen. Am Anfang ist es wichtig, erst einmal alles auf sich wirken zu lassen: die Parteimitglieder, ihre unterschiedlichen Gespräche und die vielen Unterlagen. Je häufiger man an den Sitzungen teilnimmt, desto besser kann man auch die politischen Gespräche nachvollziehen und zugleich verstehen, wie Parteiarbeit vor Ort gemacht wird. Man erlebt auch viele positive Überraschungen: Plötzlich entpuppen sich der*die Bäcker*in, der*die Lehrer*in und der*die Restaurant- oder Imbissbudenbesitzer*in als Parteimitglieder. Beim Einkaufen läuft man sich über den Weg oder auch mal auf einer Party. Viele Ehen und Partnerschaften sind aufgrund der Parteimitgliedschaft möglich geworden. Hinzu kommt, dass durch die Partei langjährige Freundschaften entstehen können. Wichtig aber ist, dass man für ein Engagement in einer Partei Zeit investiert.
Zuhören, diskutieren, mitmachen
Wer gut zuhört, mitdiskutiert und bei Parteiveranstaltungen mitmacht, fällt eines Tages in der Partei auf. So kann es durchaus vorkommen, dass sich die örtlichen Bundes- und Landespolitiker für eine*n interessieren. Aus heiterem Himmel wird man angerufen oder erhält eine E-Mail, um sich kennenzulernen. Das ist keine Seltenheit, sondern passiert häufig. „Im Gespräch wurde ich gefragt, ob ich als studentische Hilfskraft im Landtag NRW arbeiten möchte – und ich sagte: ja, klar!“, so Goljica. „Bei mir war es ähnlich. Durch meinen Einsatz in der Jugendorganisation meiner Partei, wurde ich von der Bundestagsabgeordneten zu einem persönlichen Kennenlernen eingeladen. Ich war überrascht, weil ich gerade mal ein halbes Jahr Mitglied in der Partei war. Es war ziemlich surreal!“, bestätigt De Marco. Durch die Parteiarbeit haben die beiden viel lernen können, aber dank der Jobs konnten sie noch mehr lernen. „Mein Blick auf Politik wurde geschärft. Zum ersten Mal konnte ich hautnah miterleben, wie Politik in einem deutschen Parlament gemacht wird“, sagt Goljica. „Dieser Job hat den Grundstein für weitere politische Tätigkeiten gelegt: So arbeitete ich im Team für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und konnte ein Jahr später den Social-Media-Auftritt eines Spitzenkandidaten mitbetreuen“, so Goljica. „Auch ich konnte durch meinen Job nur profitieren. Mein politisches Profil wurde immer klarer und dann träumte man auch davon, irgendwann mal ein Mandat zu erlangen. Aber sowas kann man und sollte man wirklich nicht planen“, ergänzt De Marco.
„Du bist unser Vorbild für gelungene Integration“
Ob ihr Migrationshintergrund eine Rolle in der Partei gespielt habe, wollen einige Teilnehmende wissen. „Gelegentlich kam es vor, dass ich als Vorzeigemigrant von wenigen bezeichnet wurde. Mich hat das nie groß gestört, es war mir egal. Hinzu kommt, dass ich nie als Muslim gesehen wurde, obwohl ich zum Beispiel während des Ramadans gefastet habe. Ich schätze, dass dies vor allem auf mein Erscheinungsbild und meine liberale Grundhaltung zurückzuführen ist“, so Goljica. „Für meine Parteimitglieder war ich einfach nur der nette Elvedin“, fügt er noch mit einem Augenzwinkern hinzu.
Er selbst habe in der eigenen Partei keine persönlichen Anfeindungen, Rassismus oder Diskriminierung erlebt, was nicht bedeutet, dass alle Parteien vollkommen frei davon wären. „Mein Migrationshintergrund hat tatsächlich nie eine große Rolle gespielt. Ich bin mir aber auch ziemlich sicher, dass es auch daran liegt, dass ich durch mein Aussehen nicht eindeutig in eine Schublade gesteckt werden kann und ich muss zugeben, dass ich mich dadurch in einer privilegierten Situation befinde“, so De Marco. „Was man aber vor allem erlebt, ist leider eines: Neid. Parteimitglieder kochen alle mit dem gleichen Wasser und sind auch nur Menschen – mit allen Ecken und Kanten“, sagen Goljica und De Marco unisono. „Man muss nicht jeden Kampf austragen und auf jeden blöden Kommentar reagieren. Manchmal lohnt es sich, diplomatisch zu bleiben. Manchmal halt nicht. Das muss man in der Situation selbst entscheiden“, so Goljica weiter. Wichtig sei es vor allem, sich nicht entmutigen zu lassen und sich Mistreiter*innen zu suchen. Häufig gebe es in der Partei soziale Pat*innen bzw. Mentor*innen, die mit Tat und Kraft zur Seite stehen.