Polit-Talk mit Konstantin Kuhle
Gegen Extremismus – für Diversität und Dialog
Am 8. August 2020 setzten wir unseren Politik-Talk auf Instagram fort. Der Gast des Abends war Konstantin Kuhle (FDP, Jahrgang 1989). Er gehört im aktuellen Deutschen Bundestag, in dem das Durchschnittsalter der Abgeordneten knapp 50 Jahre beträgt, zu den jüngsten Mandatsträgern. Der Jurist stammt aus Niedersachsen und gehört der FDP seit 2005 an. Von 2014 bis 2018 war er Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen.
Für den Dialog – gegen Ausgrenzung
„Der Islam gehört nicht zu Deutschland“. Das ist kein Zitat von Kuhle, sondern von Bundesinnenminister Seehofer, dem Kuhle explizit widerspricht. Als „Sicherheitsrisiko“ hatte er den CSU-Politiker schon einmal bezeichnet. Er wirft dem Bayern vor, dass seine Aussage mit dem Amt des Bundesinnenministers unvereinbar ist. Denn Seehofer ist verantwortlich für den Dialog mit den Religionsgemeinschaften in Deutschland. Kuhle plädiert dafür, lieber zu diskutieren, wie das Zusammenleben der vielfältigen Glaubensrichtungen funktionieren kann. Leider grenzt Seehofer Menschen muslimischen Glaubens mit solchen Aussagen aus und bestärkt sie in ihrem Gefühl, nicht Teil dieses Landes zu sein.
Der Umgangston in der Gesellschaft ist rauer geworden und die Hetze gegen Fremde(s) zu – Kuhle nimmt das wahr. Im Hinblick auf den Umgang mit Muslim*innen in Deutschland wünscht er sich mehr Selbstverständlichkeit, aber auch mehr ehrenamtliches Engagement von muslimischen Bürger*innen in politischen Parteien. Dafür müssten jedoch Organisationen und Institutionen im Land grundsätzlich diverser werden, um die Spaltung innerhalb der Gesellschaft zu verringern.
Mehr Selbstverständlichkeit: Umgang mit deutschen Muslim*innen
Um eine erhöhte Präsenz von Muslim*innen in exponierteren Positionen erreichen zu können, dürften diese nicht in ihrem gesellschaftlichen oder politischen Engagement lediglich auf die Themen Islam und Migration reduziert werden. Hier soll Deutschland inklusiver und im Umgang mit Muslimen auch souveräner werden.
Als Experte für Innenpolitik treibt Kuhle auch das Thema „rechte Gewalt“ um. Das Problem sei in Deutschland virulent, betont der Bundestagsabgeordnete; Ein erster Schritt müsse laut Kuhle sein, die Analysefähigkeit der Behörden in diesem Zusammenhang zu verbessern. Die Attentate von Hanau und Halle haben bereits zumindest zu Schaffung neuer Stellen in den Sicherheitsbehörden geführt, so Kuhle Allerdings müssten diese noch besetzt werden. Darüber hinaus gebe es seitens der Behörden zu wenig Einbindung wissenschaftlicher Expertise.
Klare Worte zu Thomas Kemmerich
Ganz klar spricht sich der FDP-Abgeordnete dagegen aus, verschiedene Formen des Extremismus gegeneinander aufzuwiegen. Es nütze nichts, beispielsweise nach rechtsextremen Attentaten reflexartig zu betonen, dass Linksextremismus oder religiös motivierter Extremismus genauso schlimm seien – was in Kuhles Einschätzung zwar de-facto so sei, aber jede Ausprägung von Radikalismus müsse dennoch gesondert betrachtet werden.
Zum Ende des Gesprächs wurden die politischen Vorkommnisse um Thomas Kemmerich Thema. Kemmerich, der sich in Thüringen im Februar 2020 mit Stimmen der AfD zum – kurzzeitigen (!) – Ministerpräsidenten wählen ließ, ordnet Kuhle deutlich ein. Kuhle ordnete die Wahl zum Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD als deutlichen Fehler ein, der sich nicht wiederholen dürfe.